Abschied vom großen Bruder
Manuel* hat heute noch Alpträume. Sein Leben als Kindersoldat in Kolumbien hat tiefe Narben hinterlassen. Zusammen mit seinem Bruder hatte Manuel sich einer bewaffneten Gruppe angeschlossen. Von jedem Soldat wurde bedingungsloser Gehorsam gefordert. Weil sein Bruder sich den Befehlen wiedersetzte, wurde er von Kameraden erschossen.
Ein Alltag voller Entbehrung und Gewalt
Nachdem die beiden Brüder sich der bewaffneten Gruppe angeschlossen hatten, holte die Realität sie schnell ein. Es war eine harte und entbehrungsreiche Zeit. Nachts mussten die Brüder Wache schieben, hatten kaum Schlaf und oft Hunger. Menschliche Wärme oder Zuneigung kannten sie nicht. Ihr Alltag war von Gewalt und Missbrauch geprägt. Drogen halfen ihnen den Hunger und auch die willkürlich Gewalt zu ertragen. Schon bald bereuten sie es, sich der Gruppe angeschlossen zu haben. Doch ein Zurück gab es nicht mehr.
Manuels Bruder wurde erschossen
Das schlimmste Erlebnis war für Manuel der Tod seines Bruders. Bis heute hat er den Verlust nicht überwunden. Sein Bruder wurde von Kameraden erschossen. Mehrmals war er verwarnt worden, dann schließlich töteten sie ihn. Der große Bruder von Manuel war anders als die anderen Kindersoldaten. Er widersetzte sich Befehlen, gehorchte nicht so, wie er sollte.
Video: Kindersoldaten in Kolumbien
„Wir umarmten uns und dann sagte er nur: Pass auf dich auf. Ciao.“
„Wir umarmten uns und dann sagte er nur: "Pass auf dich auf. Ciao.' Ich sah ihn nie mehr und war auch nicht bei seiner Erschießung dabei. Der Kommandant gab dann bei der nächsten Truppenübung den Tod von ihm bekannt. Mit der Erschießung meines Bruders hat sich alles geändert. Ich hatte nicht nur meinen Bruder, sondern auch meinen einzigen Vertrauten und Freund verloren. Danach wollte ich nicht mehr bei der Truppe bleiben und entschloss mich zu fliehen.“
Manuel entschloss sich zu fliehen
Mehrere Tage irrte Manuel orientierungslos durch die Berge und litt Hunger. Heute lebt er bei den Salesianern Don Boscos in Medellín. Hier versucht er, Frieden mit seiner Vergangenheit und sich selbst zu schließen. In der Ciudad Don Bosco besucht er eine Schule und bildet sich im Bereich Metallverarbeitung weiter. Er ist sehr glücklich mit seinem neuen Leben und möchte die Vergangenheit als Kindersoldat am liebsten vergessen.
Manuel möchte seine Vergangenheit am liebsten vergessen
Doch das schafft er nur mit professioneller Hilfe. Es ist ein langer Prozess, der viel Zeit braucht. Als Kindersoldat wurde er mit Waffen groß. Er wurde ausgebildet, um zu kämpfen und zu töten. Ein solches Leben schüttelt man nicht einfach ab. Bis er 14 Jahre alt war, konnte Manuel weder lesen noch schreiben. In der Don Bosco Schule schließt er jetzt bald die Schule und auch eine Ausbildung ab. Hier lernt er auch, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Das soziale Miteinander in einer Gemeinschaft musste er erst wieder erlernen.
*Name von Redaktion geändert
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