Träumen eine Chance geben
Kulturproduzentin Rita Baus ist Ideengeberin und Projektleiterin von Beethoven Moves! Vor der Show am 9. und 10. September in Bonn haben wir ihr drei Fragen gestellt: zu Beethoven Moves!, zu ihrem Engagement sowie zu ihren ganz persönlichen Erfahrungen im Austausch mit den Jugendlichen und der Musik Ludwig van Beethovens.
Wie entstand die Idee zu Beethoven Moves!?
Seit 40 Jahren arbeite ich im Kulturbereich – daraus resultiert das künstlerische Element. Ursprünglich komme ich aber aus der Sozialarbeit und habe später Psychologie studiert – das ist die soziale Seite. Diese beiden Komponenten fließen in das Projekt mit ein. Gleichzeitig habe ich mich schon immer für junge Menschen engagiert. Für Jugendliche, die ihre Träume verloren haben. Jugendliche, die Unvorstellbares erlebt haben. Die ausgegrenzt, isoliert werden und die eigentlich kaum mehr erreichbar sind – mit diesen benachteiligten Jugendlichen arbeitet Don Bosco weltweit – auch in Kolumbien.
Kultur als Mittler
Kultur kann in diesem Kontext als Mittler fungieren, sie soll Verbindungen herstellen. Und die Chance eröffnen, Erfahrungen, Erlebnisse und Emotionen künstlerisch auszudrücken – um damit zu versuchen, die Jugendlichen wieder zu erreichen. Grundidee des Projektes war es, Räume zu schaffen, Gestaltungsräume, in denen die jungen Menschen ihre Träume wieder (er)leben können.
Beethoven und Straßenkultur
Viele der Jugendlichen leben auf der Straße, wo sie aber auch künstlerisch agieren, durch Graffiti, Tanz, Spiele oder Hip Hop. Nur Klassische Musik kennen sie meistens nicht. Hier die urbane Straßenkultur der Kids – dort die klassische Musik. Beides originell und kreativ zu verbinden – ein faszinierendes Projekt. Im Jubiläumsjahr von Beethoven waren auch Dirk Kaftan und das BOB schnell von der Idee begeistert.
Was ist das Besondere an dem Projekt?
Zwei sehr unterschiedliche kulturelle Äußerungsformen treffen aufeinander: Straßenkultur und Klassik wie auch zwei Welten: Die Jugendlichen aus Medellín und die aus Bonn. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – entstehen eine ungeheure Dynamik und Emotionalität. Alles wird möglich …
Beethoven macht Mut
Noch eine Besonderheit, die die Jugendlichen zutiefst beeindruckt hat: Dass Beethoven, obwohl er zusehends sein Hörvermögen verlor, weiter komponiert hat – dass er nie aufgab. Sie waren überzeugt: Wenn Beethoven trotz Taubheit nicht aufgeben hat, dann haben wir auch eine Perspektive! Das hat ihnen Mut gemacht! Tanz und Musik bot den Jugendlichen die Möglichkeit, ihre Identität ‚zu finden‘, an ihre Träume zu glauben. Auf der Bühne können sie ausdrücken, was ihnen im Alltag oft nicht gelingt: ihre Lebenssituation, ihre Erlebnisse mit Gewalt und Ausgrenzung, ihre Freude. Die Musik und ihre Performance geben ihnen die Kraft, ihre Ziele zu erreichen, indem sie ihren Träumen einen Raum – und damit eine Chance geben.
Was hat dich besonders berührt?
Sehr berührt hat mich, als die Jugendlichen in Medellín zum ersten Mal die Musik von Beethoven hörten. Es war mucksmäuschenstill im Saal, aber nach kurzer Zeit hielt es sie nicht mehr auf ihren Stühlen. Es gab sogar spontanen Beifall. Ich habe jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.
Eine neue Welt entdecken
Weiter hat mich berührt, dass die jungen Menschen trotz ihrer Probleme und Ängste, sich öffnen konnten, neugierig waren auf diese ‚neue‘ Welt. Zu allen Proben waren sie pünktlich vor Ort – und immer hoch motiviert. Durch die Musik sind wir uns alle nähergekommen. Beethoven Moves! hat ihnen Mut gemacht, wieder zu träumen. Ich bin sehr froh, dass Don Bosco ihnen auch nach drei Jahren Corona-Zwangspause die Chance gibt, ihren Traum weiter zu leben – und dieses Projekt auf der Bühne zu präsentieren.
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Musik trägt über Schranken hinweg
Interview
Dirf Kaftan - Generalmusikdirektor des Beethoven Orchester Bonn und musikalischer Leiter von Beethoven Moves! - im Interview.
Sich begegnen, bereichern und unterstützen
Interview
Regisseur Anselm Dalferth - Künstlerische Leitung und Inszenierung von Beethoven Moves! - im Interview.
Deine Ansprechpartner:
Rita Baus Idee und Projektleitung
E-Mail schreiben
0171-9532787
Zur Website
Thomas Becker Projektleitung bei Don Bosco
E-Mail schreiben
0228-539-65-31
Noch Fragen?
Beethoven Moves! ist ein internationales Kunst- und Bildungsprojekt zur 5. Sinfonie Ludwig van Beethovens. Beethoven Moves! setzt Zeichen gegen Gewalt und Ausgrenzung. Jugendliche aus Kolumbien und Deutschland interpretieren gemeinsam mit dem Beethoven Orchester Bonn ihre Erfahrungen zu Gewalt, Ausgrenzung, Freiheit und Revolution. Höhepunkt von Beethoven Moves! ist die abschließende Show im Herbst 2022.
Don Bosco ist der Name des italienischen Priesters und Seelsorger Johannes Bosco, der sich schon vor mehr als 150 Jahren für Straßenkinder einsetzte. Die Jugendlichen zu Zeiten Don Boscos haben zwar unter anderen Umständen gelebt als die heutige Jugend, doch viele Probleme und Herausforderungen sind die gleichen geblieben. Auch heute noch leben viele junge Menschen am Rande der Gesellschaft. Sie haben es schwer gesellschaftlich teilzuhaben und sich eine Zukunft aufzubauen. Deswegen steht der Name Don Bosco heute für ein weltweit tätiges Netzwerk mit einem erfolgreichen und bewährten pädagogischen Ansatz, das sich für die Anliegen von Kindern und Jugendlichen einsetzt.
Nach den Corona-bedingten Verschiebungen findet die abschließende Show von Beethoven Moves! nun als Teil des Beethoven Festes 2022 statt. Aufführungstermine sind der 9. und 10. September 2022 in der Universität Bonn.
Beethoven Moves! richtet sich an Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren, die Spaß an Bewegung, Tanz und Musik haben und ihr Können auf einer großen Bühne unter Beweis stellen wollen.
Wenn auch du begeistert bist von Musik, Tanz und Kunst, dann schreib uns gerne eine E-Mail an mitmachen(at)beethoven-moves.de. Wir schauen dann gemeinsam, bei welchen Workshops du noch einsteigen kannst, um bei dem Camp und der Show 2022 dabei zu sein.