Straßenkinder-Lexikon

Rund 100 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit haben ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße. In unserem Lexikon findest du Daten und Fakten über ihre Lebenswelt.

Facts & Figures

Für viele Straßenkinder ist Anerkennung ein Gefühl, das fast in Vergessenheit geriet. ©ich.tv/Patricio Crooker

Straßenkinder in die Gesellschaft zurückführen

Straßenkinder haben in ihrem Leben nur selten Anerkennung oder Wertschätzung erfahren. Auf der Straße sind sie Gewalt, Drogen und kriminellen Banden schutzlos ausgesetzt. Sie leben am Rande der Gesellschaft und werden durch Polizei und Passanten diskriminiert und stigmatisiert. Viele Straßenkinder fühlen sich minderwertig und ungeliebt.

Anerkennung und Wertschätzung

Die Salesianer Don Boscos bringen den Kindern und Jugendlichen der Straße Anerkennung und Wertschätzung entgegen. Sie helfen den Jungen und Mädchen durch eine liebevolle Erziehung, ihr Selbstwertgefühl wieder aufzubauen. Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen wieder in die Gesellschaft zurückfinden.

 

 

 

Kinder brauchen Bezugspersonen, die ihnen Sicherheit geben und Vorbild sein können. ©ich.tv/Patricio Crooker

Ein offenes Ohr für Nöte und Sorgen

Alle Kinder brauchen Bezugspersonen mit Vorbildcharakter. Normalerweise sind das Eltern, Familienmitglieder, Lehrer oder Freunde. Viele Straßenkinder kommen aus zerrütteten Familien. Ihre Eltern sind oft arbeitslos, drogenabhängig oder gewalttätig. Häufig werden die Kinder vernachlässigt.

Falsche Vorbilder

Auf der Straße kommen sie mit Anführern von kriminellen Banden oder auch Zuhältern in Kontakt. Diese werden dann schnell zu Vorbildern, da sie die Kinder vor der Polizei und verfeindeten Gangs beschützen. Ziel der Salesianer Don Boscos ist es, ein Vertrauensverhältnis zu den benachteiligten Jugendlichen aufzubauen und als Ansprechpartner für sie da zu sein.

 

 

 

Mädchen sitzt in einer Schulklasse
Durch (Aus-)Bildung erhalten Kinder eine Perspektive jenseits der Straße. ©Florian Kopp

Mit Bildung aus der Armut

Straßenjungen und Straßenmädchen haben in der Regel wenig oder gar keine Schulbildung. Fast alle sind Schulabbrecher ohne eine Ausbildung. Auf dem regulären Arbeitsmarkt haben sie keine Chance, einen Job zu finden. Die Gründe für einen Schulabbruch sind vielfältig. Ein häufiger Grund ist die Armut der Familie. Einige Schulkinder müssen arbeiten, um ihre Eltern finanziell zu unterstützen. Außerdem bestimmt der tägliche Überlebenskampf den Alltag von Straßenkindern - an einen Schulbesuch ist häufig nicht zu denken. 

Auf eigenen Füßen stehen

Für Don Bosco ist Bildung das beste Mittel gegen Armut und ein Weg Straßenkinder wieder in die Gesellschaft zurückzuführen. In den Don Bosco Einrichtungen können Kinder und Jugendliche eine Schule besuchen oder eine Ausbildung machen. Damit sie später auf eigenen Füßen stehen können.

 

 

 

Mit dem Konsum von Drogen entfliehen viele Straßenkinder zeitweise der grausamen Realität. ©ich.tv/Patricio Crooker

Flucht aus dem Alltag

Viele Straßenkinder nehmen Drogen, um dem harten Alltag zu entfliehen. Da Drogen wie reines Kokain oder Heroin zu teuer sind, nehmen sie vor allem Billigdrogen wie Flüssigkleber, Benzin oder Kokainpaste. Flüssigkleber und Benzin werden geschnüffelt und helfen kurzfristig gegen Hunger, Kälte und Langeweile. Nebenwirkungen sind Halluzinationen und ein gesteigertes Aggressionspotential. Die Drogen machen schnell süchtig und führen zu chronischen Atemwegsbeschwerden. Auch Zigaretten, Marihuana und Alkohol sind weit verbreitet.

Gegen die Sucht kämpfen

Um ihre Sucht zu finanzieren, gehen viele Straßenjungen und Straßenmädchen betteln oder prostituieren sich auf dem Kinderstrich. Die Bekämpfung der Drogensucht bildet einen Schwerpunkt in den Straßenkinderprojekten. In den Don Bosco Zentren sind Drogen verboten. Gleichzeitig gibt es Therapieangebote, um die Sucht zu bekämpfen.

 

 

 

Viele Straßenkinder müssen arbeiten, um sich über Wasser zu halten. ©Florian Kopp

Was tun, um zu überleben

Die meisten Straßenkinder halten sich mit Betteln über Wasser. Aber auch Kinderarbeit gehört auf der Straße zum Alltag. Viele Kinder und Jugendliche sammeln Müll, putzen Autoscheiben, machen kleine Zirkusvorführungen, bewachen Parkplätze, tragen Einkaufstüten oder arbeiten auf Märkten. Häufig werden Straßenkinder auch kriminell. Manche handeln mit Drogen, arbeiten als Lockvogel oder machen Trickbetrügereien. Viele Straßenmädchen und Straßenjungen müssen sich auch prostituieren, um das eigene Überleben zu finanzieren.

 

 

 

Viele Straßenkinder haben ein familiäres Zuhause, dass sie verlassen müssen. ©Simone Utler

Die Armut der Familie

Nicht alle Straßenkinder kommen aus zerrütteten Familien. Viele wachsen in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Ihre Eltern haben oft keine Schulbildung, keine Arbeit oder müssen mit einem geringen Lohn die ganze Familie ernähren. In ländlichen Regionen ist das Leben für viele Familien besonders schwer. Die extreme Armut treibt viele Kinder vom Land in die Stadt. Sie erhoffen sich dort ein besseres Leben. 

Von der Famlie getrennt

Andere Straßenkinder wurden gewaltsam von ihren Eltern getrennt. Gründe hierfür können zum Beispiel Naturkatastrophen oder kriegerische Konflikte sein. Aber auch Gewalt und Missbrauch innerhalb der Familien führen häufig dazu, dass Kinder von Zuhause weglaufen und ein Leben auf der Straße riskieren.

 

 

 

Viele Straßenkinder sind krank, haben aber keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. ©Julia Krojer

Gesundheitliche Folgen des Straßenlebens

Die meisten Straßenkinder leiden an Mangel- oder Unterernährung, denn eine regelmäßige Mahlzeit können sie sich nicht leisten. Zudem müssen sie oft im Freien übernachten - auch bei Regen und Kälte. Durch die mangelhafte Ernährung und die prekäre Lebenssituation sind sie besonders anfällig für Krankheiten. Auch der regelmäßige Konsum von Drogen und Rauschmitteln wirkt sich prekär auf ihre Gesundheit aus. Zu den häufigsten Krankheiten unter Straßenkindern zählen Grippe, Durchfall und Hautkrankheiten. Straßenmädchen leiden zusätzlich oft an Geschlechtskrankheiten.

Keine medizinische Versorgung

Straßenkinder haben kaum Zugang zu medizinischer und hygienischer Versorgung. Außerdem mangelt es an psychosozialer Betreuung. Viele Straßenkinder sind durch ihre Erfahrungen traumatisiert. Sie leiden an Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle und unter der sozialen Ausgrenzung.

 

 

 

Täglich sind Straßenkinder mit unterschiedlichen Formen der Gewalt konfrontiert. ©Felipe Orozco

Das Leben auf der Straße ist hart

Gewalt ist im Leben von Straßenkindern allgegenwärtig. Wer auf der Straße überleben möchte, muss sein Hab und Gut, seinen Schlafplatz und sich Selbst verteidigen. Dies geschieht häufig durch Gewalt. Durch den Kontakt zu Straßenbanden kommen Straßenkinder zudem in Berührung mit Waffen. Unter den Banden gilt das Prinzip des Stärkeren. Brutale Auseinandersetzungen prägen den Alltag von Kindern und Jugendlichen, die auf der Straße überleben müssen. Zusätzlich bedrohen Razzien und soziale Säuberungen die obdachlosen Kinder und Jugendlichen.

 

 

 

Der Aberglaube "Hexenkind"

In einigen Regionen auf der Welt herrscht der Aberglaube, dass manche Kinder Unheilstifter sind. Sie werden für Unglücke oder Krankheiten verantwortlich gemacht. Vor allem sozial benachteiligte Kinder werden oft der Hexerei bezichtigt. Sogenannte "Hexenkinder" werden von ihren Familien verstoßen und misshandelt. Die Kinder und Jugendlichen landen dann verwahrlost und traumatisiert auf der Straße. Falsche Priester, Scharlatane und Zauberer fördern den Mythos der Hexenkinder zusätzlich. Nach Angaben von UNICEF sind zehntausende Kinder in Afrika von diesem Schicksal betroffen.

 

 

 

In Don Bosco Zentren erhalten Straßenkinder regelmäßig Mahlzeiten. ©Jonas Völpel

Nicht ausreichend versorgt

Viele Straßenkinder leiden unter Hunger. Meistens suchen sie im Müll nach Essensresten oder betteln, um sich versorgen zu können. Wegen der schlechten und unregelmäßigen Ernährung sind viele Straßenjungen und Straßenmädchen mangel- oder unterernährt. Dadurch sind sie besonders anfällig für Krankheiten.

Hungersnot durch Krieg und Katastrophen

Auch in Regionen, die von Dürren und anderen Naturskatastrophen betroffen sind, müssen viele Kinder und Jugendliche Hunger leiden. Kinder und Jugendliche, die in Konfliktregionen aufwachsen, sind ebenfalls häufig von einer Hungersnot bedroht, da die Versorgung mit Lebensmitteln in den Kriegsregionen nicht gewährleistet ist.

 

 

 

Kind steht auf einer Mauer aus Ziegeln in einer Ziegelfabrik
Viele Kinder müssen arbeiten - häufig unter lebensgefährlichen Bedingungen. ©Don Bosco Mission Bonn

Schuften statt Spielen

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) müssen 152 Millionen Kinder weltweit arbeiten. Kinderarbeit gibt es vor allem in der Landwirtschaft, im Dienstleistungssektor und in der Industrie. Die meisten Kinder arbeiten im informellen Sektor. Viele Kinderarbeiter werden schlecht oder gar nicht entlohnt und arbeiten unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Seit 1999 gibt es die ILO-Konvention 182. Darin verpflichten sich die unterzeichnenden Staaten, die schlimmsten Formen von Kinderarbeit nachhaltig und effektiv zu bekämpfen. So sollen alle Formen von Sklaverei, Prostitution und gesundheitsschädlichen Arbeiten für Kinder verboten werden. Die Realität der Kinderarbeiter sieht oft anders aus.

 

 

 

Kinder aus armen Gebieten haben es besonders schwer. ©Florian Kopp

Viele Kinder wachsen in extremer Armut auf

Weltweit leben Kinder in Armut. Sie haben keinen Zugang zu gesunder Ernährung, sauberem Trinkwasser, medizinischer Versorgung oder schulischer Bildung. In vielen Ländern müssen Kinder von weniger als einen US-Dollar pro Tag leben. Auch in Deutschland und den reichen Industriestaaten gibt es arme Kinder. In diesen Ländern spricht man von relativer Armut. Rund 18,9 Prozent der Kinder in Deutschland sind armutsgefährdet. Sie müssen auf vieles verzichten, können nicht an sozialen Aktivitäten teilnehmen und haben schlechte Bildungschancen. 

 

 

 

Viele Kinder werden als Arbeiter, Kindersoldaten oder Kinderprostituierte missbraucht. ©Felipe Orozco

160 Millionen Kinder weltweit sind von Kinderarbeit betroffen

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist die Zahl der Kinderarbeiter weltweit in den letzten vier Jahren gestiegen. Waren vor der Pandemie 152 Millionen Jungen und Mädchen von Kinderarbeit betrofffen, so sind es jetzt 160 Millionen. Durch die Corona-Pandemie könnte dieser Trend fortgesetzt werden. Die Zahl der jungen Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren ist laut ILO ebenfalls deutlich angestiegen. 79 Millionen Minderjährige leiden unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich oder ausbeuterisch sind. Dazu zählen alle Formen von Zwangsarbeit, moderner Sklaverei und Menschenhandel. Auch die Rekrutierung von Kindersoldaten, Kinderpornograhie und -prostitution zählen dazu.

 

 

 

Oft leben Teenagermütter mit ihren Kindern auf der Straße. ©Florian Kopp

Viele Mädchen werden sehr jung schwanger

Kindermütter sind ein weltweites Phänomen. Die minderjährigen Mütter stammen meistens aus benachteiligten und bildungsfernen Familien. Aufklärung und Verhütung spielten in der Erziehung kaum eine Rolle. Es gibt aber auch Mädchen, die einer Schwangerschaft bewusst nicht vorbeugen. Sie hoffen, durch die Mutterrolle auf mehr gesellschaftliche Anerkennung und Zuwendung. Die Kindermütter möchten mit ihrem Kind eine "heile Familie" gründen. Zudem sind sexueller Missbrauch und Kinderprostitution Gründe für eine frühe Schwangerschaft.

Kindermütter werden von der Gesellschaft ausgegrenzt

Kinderschwangerschaften sind für Mutter und Kind besonders gefährlich. Bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren ist das Risiko besonders hoch, bei der Geburt zu sterben oder gesundheitliche Schäden davon zu tragen. Die Kindermütter werden nach der Geburt von der Gesellschaft stigmatisiert und ausgegrenzt. Eine Schule können sie in der Regel nicht besuchen, da sie für das Kind sorgen müssen. Die Verantwortung für das Baby überfordert die jungen Mütter häufig. Oft können sie nur mit psychosozialer Hilfe eine stabile Beziehung zu ihrem Kind aufbauen.

 

 

 

Zwei kleine Mädchen zeigen ihre Hände
Die Rechte von Kindern müssen gestärkt werden. ©Simone Utler

Kinderrechte sind Menschenrechte

Doch diese Rechte finden in vielen Teilen der Erde keine Beachtung. Viele Jungen und Mädchen leiden unter Armut, Krieg und Hunger. Um die Rechte von Kindern zu stärken, wurde 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Bis auf zwei Staaten - Somalia und die USA - haben alle UN-Mitgliedstaaten die Kinderrechtskonvention ratifiziert. Die UN-Konvention sieht Bestimmungen zum Wohl des Kindes vor, fordert Meinungsfreiheit sowie die Förderung von Kindern mit Behinderung und den Schutz vor Gewalt und Ausbeutung. In Deutschland gilt die Kinderrechtskonvention seit 1992.

 

 

 

Ehemalige bilden einen Kreis
Viele Kinder und Jugendliche werden als Soldaten missbraucht. ©Misiones Salesianas Madrid

Eine Kindheit im Krieg

Rund 250.000 Kindersoldaten sind weltweit im Einsatz. Kindersoldaten sind Mädchen und Jungen unter 18 Jahren, die von Armeen oder Rebellengruppen zum Waffen- und Kriegsdienst gezwungen werden. Manche Kinder schließen sich den bewaffneten Gruppen aber auch freiwillig an. Der Alltag der Kindersoldaten ist von Gewalt geprägt. Sie müssen gehorsam sein und dürfen sich keinem Befehl widersetzen. Viele werden mit Drogen und Alkohol gefügig gemacht. Besonders Mädchen werden häufig auch sexuell missbraucht. Ehemalige Kindersoldaten brauchen Unterstützung, um wieder in die Gesellschaft zurückzufinden. Sie werden oft ausgegrenzt und auch ihre Familien wollen oft nichts mehr mit ihnen zu tun haben.

 

 

 

Straßenkinder brauchen Zukunftsperspektiven. ©Peter Käser

Der tägliche Kampf ums Überleben

Kinder, die auf der Straße leben, müssen täglich ums Überleben kämpfen. Jeden Tag sind sie auf der Suche nach Essen und einem Schlafplatz. Sie wissen nicht, was sie am nächsten Tag erwartet. Kälte, Krankheiten, Sucht und Depressionen erschweren ihren Alltag. Zudem werden sie sozial ausgegrenzt und haben kaum Zukunftschancen. Die meisten Straßenkinder sehnen sich nach einer eigene Familie und würden gerne einen Beruf ausüben. Doch sie wissen nicht, wie sie aus dem Straßenleben aussteigen sollen. Hilfsangebote für Straßenkinder müssen langfristig greifen. Es reicht nicht, für Nahrung und Kleidung zu sorgen. Wichtig ist es, Zukunftsperspektiven für die Kinder und Jugendlichen zu schaffen.

 

 

 

 

Schlafende Straßenkinder in Decken gehüllt
Straßenkinder werden häufig vertrieben, weil sie das "schöne Stadtbild" stören. ©ich.tv/Patricio Crooker

Kein Patz für Straßenkinder

Straßenkinder müssen sich jeden Tag einen Schlafplatz suchen. Sie übernachten häufig an öffentliche Plätzen, in Hauseingängen, Parks oder unter Brücken. Als Unterlage benutzen sie Pappkartons, Zeitungen oder Stoffreste. Aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen schlafen viele Straßenkinder tagsüber statt nachts. Häufig werden Straßenkinder von ihren gewohnten Schlafplätzen vertrieben. Manche Straßenkinder kommen auch bei Freunden unter oder teilen sich ein Zimmer in einem billigen Stundenhotel. Andere suchen öffentliche Anlaufstellen für Straßenkinder mit Übernachtungsmöglichkeit auf. 

 

 

 

Aminata sitzt niedergeschlagen auf einem Stuhl
Kinderhandel als Geschäftsmodell ©Alberto Lopéz/Misiones Salesianas Madrid

Viele Mädchen und Jungen werden sexuell ausgebeutet

Kinderhandel, Kinderpornografie und Kinderprostitution sind weltweit verbreitet. Für Zuhälter und Menschenhändler ist der Handel mit Kindern ein lukratives Geschäft. Nach Angaben von UNICEF werden jährlich Millionen von Mädchen und Jungen sexuell ausgebeutet. Besonders in armen Ländern müssen sich viele Kinder prostituieren, um die Familie zu unterstützen. Die Ursachen von Kinderprostitution liegen meist in den wirtschaftlichen und sozialen Problemen der Länder. In vielen Ländern führen mangelnde Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten, Armut und fehlende Perspektiven für Kinder und Jugendliche zu einem boomenden Markt für Kinderprostitution.

 

 

 

Ana sitzt auf ihrem Bett und hält ein Bild ihrer Mutter in der Hand
Sozialwaisen bleiben häufig in der Heimat zurück, wenn die Eltern im Ausland arbeiten müssen. ©Simone Utler

Die Eltern im Ausland

Sozialwaisen sind Kinder, deren Eltern noch leben, sich aber nicht um sie kümmern können, weil sie ins Ausland gehen mussten, um einen Job zu finden und die Familie ernähren zu können. Ihre Kinder können die Arbeitsmigranten oft nicht mit nehmen und müssen sie in der Heimat zurücklassen. Dort kümmern sich oft die Großeltern oder Verwandte um die Jungen und Mädchen. Manchmal sind sie aber auch ganz auf sich gestellt. Ihre Eltern sehen Sozialwaisen nur selten, wenn sie für kurze Besuche nach Hause kommen können.

 

 

 

Jugendliche, die am Straßenrand sitzen und sich notdürftig mit Decken warm halten
Viele Kinder weltweit leben ganz oder zeitweise auf der Straße. ©Florian Kopp

Ein Leben auf der Straße

Straßenkinder sind Kinder unter 18 Jahren, für die die Straße Wohn- und Arbeitsplatz geworden ist. Man findet sie auf allen Kontinenten, in allen Ländern, überwiegend in den Ballungsräumen großer Städte. Sie schlagen sich als Bettler, Babystricher, Diebe oder Drogendealer durch, säubern Windschutzscheiben, sammeln Müll oder putzen Schuhe. Die Kinder kommen meist aus armen Familien und aus ländlichen Gebieten. Neben Armut und fehlenden Zukunftsperspektiven sind auch häusliche Gewalt, Vernachlässigung oder fehlende Zuwendung Gründe dafür, warum Kinder ein Leben auf der Straße riskieren.

 

 

 

Straßenkinder mit Handicap trifft soziale Ausgrenzung besonders hart. ©Felipe Orozco

Eine Behinderung als "Strafe Gottes"

Das Leben auf der Straße hinterlässt viele Narben - seelische, aber auch körperliche. Man geht davon aus, dass jedes dritte Straßenkind ein Handicap hat. Das Leben auf der Straße ist gefährlich. Straßenkinder werden häufig angegriffen und misshandelt. Schwere Verletzungen, die nur selten medizinisch versorgt werden können, sind die Folge. Auch der Konsum von Drogen hinterlässt dauerhafte gesundheitliche Schäden. Kinder mit Behinderung werden zudem sozial ausgegrenzt. In vielen Ländern gelten körperliche und geistige Behinderungen als "Strafe Gottes" . Kinder, die von Geburt an oder im Laufe ihres Lebens ein Handicap davon tragen, werden von ihren Familien verstoßen, diskriminiert und gesellschaftlich ausgegrenzt.

 

 

 

Pater Jannot und lachende Kinder ziehen durch die Straße
Sozialarbeiter suchen Kinder an ihrem Lebensmittelpunkt auf - auf der Straße. ©Florian Kopp

Sozialarbeit ist Beziehungsarbeit.

Eine Beziehung braucht Zeit und Kontinuität. Das ist auf der Straße besonders schwierig, denn Straßenkinder haben schlimme Beziehungserfahrungen durchgemacht und sind deshalb sehr misstrauisch. Sie haben Angst, wieder enttäuscht zu werden. Bei der aufsuchenden Sozialarbeit suchen Jugendsozialarbeiter benachteiligte Kinder und Jugendliche direkt in ihrem Lebensumfeld auf, auf der Straße. Sie versuchen Kontakt zu den Kindern aufzunehmen, bieten ihnen zum Beispiel einen Schlafplatz oder eine warme Mahlzeit an. Wenn das gelingt, bieten sie den Kindern Freizeit-, Lern-, Beratungs- oder Gesundheitsangebote an.

 

 

 

Viele Straßenkinder lassen sich einiges einfallen, um sich über Wasser zu halten. ©Markus Matzel

Straßenkinder sind Überlebenskünstler

Das Leben auf der Straße ist sehr hart und fordert die Kinder jeden Tag aufs Neue heraus. Straßenkinder sind darin geübt, sich kreative Lösungen für ihre Probleme einfallen zu lassen. Sie sind clever und lernfähig, wahre Überlebenskünstler. Straßenkinder wissen, wie sie mit ihren Talenten Geld verdienen können -  sei es als Geschichtenerzähler, Jongleur oder Straßenmusiker. Trotz ihrer schwierigen Lebenssituation schaffen sie es oft, auf eine bessere Zukunft zu hoffen. Diese Hoffnung ist Teil ihrer Überlebensstrategie.

 

 

 

Yaema trägt ihre kleine Schwester Fatu auf dem Arm

Krieg, Krankheiten und Katastrophen machen viele Kinder zu Waisen

Viele Kinder leben auf der Straße, weil sie ihre Eltern verloren haben - zum Beispiel aufgrund von AIDS. Nach Angaben von UNAIDS leben rund 35 Millionen Menschen weltweit mit dem HI-Virus. 19 Millionen Betroffene wissen nichts von ihrer Infizierung. Immer noch haben Millionen von Infizierten keinen Zugang zu Medikamenten. Viele Kinder haben durch das tödliche Virus ihre Eltern verloren. Aber nicht nur durch Krankheiten auch aufgrund von gewaltsamen Konflikten oder Naturkatastrophen werden viele Kinder zu Waisen. Oft versuchen die älteren Geschwister, die jüngeren Kinder zu versorgen. Andere wachsen bei den Großeltern auf. Ohne Eltern als Bezugspersonen verlieren viele Waisen aber auch den Halt und landen auf der Straße.

 

 

 

Noch Fragen?

Die meisten Straßenkinder kommen aus zerrütteten Familien. Sie fliehen vor Armut und Gewalt und leben deswegen auf der Straße. Viele Kinder laufen aber auch Gefahr, auf der Straße zu landen. Deswegen sind Straßenkinder für uns auch Kinder und Jugendliche, die öfter auf der Straße Zuflucht suchen oder auf der Straße arbeiten müssen, um zum Lebensunterhalt ihrer Familien einen Beitrag zu leisten. Auch Kinder, denen es an den wichtigsten Dingen wie Liebe, Geborgenheit, Essen und Schulbildung mangelt, laufen Gefahr, ganz auf der Straße zu landen. Dazu gehören zum Beispiel Schulschwänzer, missbrauchte Kinder oder Kindersklaven.

Weil Vorbeugen besser als Heilen ist, tun wir alles, was verhindert, dass junge Menschen auf der Straße landen. Unsere Aktivitäten sollen soziale Ungleichheiten überwinden und jungen Menschen neue Möglichkeiten eröffnen. Wir tun dies, indem wir benachteiligte Kinder und Jugendliche in Risikosituationen begleiten und ihnen Zugang zu Bildung und Ausbildung bieten. Dabei möchten wir jungen Menschen nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Werte.

Auf der ganzen Welt betreiben wir sogenannte Straßenkinder-Zentren, also Einrichtungen, in denen Straßenkinder Hilfe bekommen können. Der Besuch oder der Verbleib in den Straßenkinder-Zentren ist immer freiwillig. Für manche Kinder wird das Zentrum ein neues Zuhause, manche kommen nur ab und an zum Spielen vorbei oder um sich ein paar Stunden auszuruhen oder etwas zu essen.

Die Erstversorgung bspw. mit Kleidung und Essen ist notwendig, denn niederschwellige Angebote ermöglichen es uns, Kontakt zu Straßenkindern aufzubauen. Darüber hinaus ist uns langfristige, nachhaltige Hilfe ein besonderes Anliegen. Durch unsere Straßenkinder-Einrichtungen gelingt es,

  • Kontakt zu Straßenkindern aufzunehmen und sie erstzuversorgen,
  • Straßenkindern ein Zuhause zu bieten mit Menschen, die sich um sie kümmern,
  • Kindern und Jugendlichen durch Bildung und Qualifikation neues Selbstvertrauen zu schenken,
  • Kinder und Jugendliche zu befähigen, ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen und positiv in die Zukunft zu blicken.

Damit Straßenkinder von unseren Hilfsangeboten erfahren, suchen Streetworker die Straßenkinder direkt in ihrem Lebensumfeld auf, also auf der Straße. Sie sprechen sie an und versuchen, Kontakt aufzunehmen. So kann langsam und behutsam Vertrauen aufgebaut werden. Wenn das gelingt, bieten sie den Kindern Freizeit-, Lern- oder Gesundheitsangebote an. 

Für ein Leben jenseits der Straße