"Mythos Straßenkind"

Um Straßenkinder ranken sich viele Mythen. Hättest du zum Beispiel gedacht, dass fast jedes Straßenkind ein Handy hat? Wir haben genau hingeschaut und räumen mit so manchem Vorurteil auf.

Straßenkinder...

Für viele Kinderarbeiter ist Schulunterricht der einzige Ausweg. ©Don Bosco Mission Bonn

Viele benachteiligte Kinder und Jugendliche, die auf der Straße leben, besuchen noch die Schule. Häufig müssen sie nebenher aber noch arbeiten, um ihr Überleben zu sichern. Nach dem Unterricht verkaufen sie zum Beispiel Süßigkeiten oder putzen die Schuhe von Passanten. So unterstützen sie ihre Familien und finanzieren ihr Schulmaterial. Andere Straßenkinder haben die Schule aber auch ganz abgebrochen oder gehen nur noch selten zum Unterricht, weil es der harte Alltag auf der Straße einfach nicht zulässt.

 

 

 

Auch Jugendliche, die auf der Straße leben, sind Straßenkinder. ©ich.tv/Patricio Crooker

Straßenkinder sind nicht nur Kinder und Jugendliche, die minderjährig sind. Auch ältere obdachlose Jugendliche zählen dazu. Dennoch gibt es viele Kinder, die schon in sehr jungem Alter auf der Straße leben.  Oft schlagen sie sich mit ihren älteren Geschwistern durch, manchmal sind sie aber auch ganz allein unterwegs. Diese Kinder sind besonders vielen Gefahren ausgesetzt.

 

 

 

In Anlaufstellen für Straßenkinder verstauen Straßenkinder ihr einziges Hab und Gut oft in Kisten und Schränken. ©Peter Käser

Auch Straßenkinder legen Wert auf Statussymbole wie Markenschuhe, Schmuck und Handys. Die meisten Jugendlichen auf der Straße besitzen ein Handy, das sie oft geklaut oder illegal erworben haben. Das Mobilgerät ist ihr ganzer Stolz und sie hüten es wie ihren Augapfel. Um telefonieren zu können, besorgen sie sich eine Prepaid-Karte. Ihren wertvollen Besitz tragen sie immer am Körper, damit er nicht geklaut wird.

 

 

 

Viele Straßenkinder legen Wert auf ein gepflegtes Aussehen und Statussymbole. ©Felipe Orozco

Wie jeder Teenager legen auch Straßenkinder besonderen Wert auf ihr Aussehen. Sie duschen und stylen sich in Stundenhotels, an städtischen Brunnen oder auch bei Freunden. Meistens tragen sie trendige Kleidung, Markenschuhe und Modeschmuck. Markenartikel sind wichtige Statussymbole. Durch ihr Outfit zeigen die Straßenmädchen und Straßenjungen auch ihre Zugehörigkeit zu einer Gang oder Clique. Es gibt aber auch Straßenkinder, die tatsächlich schmutzig aussehen und kaputte Klamotten tragen. Oft ist das der Fall, wenn sie Drogen nehmen und ihr Äußeres völlig vernachlässigen.

 

 

 

Viele Straßenkinder müssen arbeiten und hängen nicht nur ziellos auf der Straße ab. ©Florian Kopp

Straßenkinder müssen arbeiten, um zu überleben. Sie verkaufen Kaugummis oder Rosen, putzen Schuhe oder bewachen parkende Autos. Manche müssen sich auch prostituieren oder verkaufen Drogen. Viele müssen sich mit Betteln und Klauen über Wasser halten. Das Leben der Straßenkinder spielt sich öffentlich ab. Tatsächlich hängen Straßenkinder auch mit ihren Freunden ab. Daraus aber den Schluss zu ziehen, dass sie nicht arbeiten, ist falsch. Viele von ihnen sind Kinderarbeiter im informellen Sektor. Zudem schlafen die Mädchen und Jungen der Straße meistens tagsüber, weil es nachts zu gefährlich ist. Nachts sind in der Regel auch die Einnahmen lukrativer.

 

 

 

Manche Straßenkinder übernachten auch in Straßenkinder-Zentren. ©Simone Utler

Einige Straßenkinder schlafen tatsächlich auf der Straße. Sie legen sich auf eine Parkbank oder auch unter eine Brücke. Nicht selten schlafen sie auf alten Pappkartons und decken sich mit Müllsäcken zu. Manche Straßenjungen und Straßenmädchen übernachten auch bei Freunden oder teilen sich ein Zimmer in einem Stundenhotel. Ein Teil kehrt auch ab und zu in ihre Familien zurück, um dort auszuschlafen. Sie werden auch in Heimen oder Straßenkinderzentren untergebracht.

 

 

 

Auch in Deutschland und anderen Industriestraßen gibt es Kinder und Jugendliche, die viel auf der Straße sind. ©C. Doppelgatz

Straßenkinder gibt es nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in den reichen Industriestaaten. In Deutschland gibt es auch Straßenkinder. Die Gründe, warum Kinder und Jugendliche ihr Zuhause verlassen, sind oft sehr ähnlich. Viele haben Probleme mit ihrer Familie. Sie fliehen vor Armut, Gewalt oder auch sexuellen Übergriffen. Von der Straße erhoffen sie sich ein besseres Leben, mehr Freiheit und neue Freunde.

 

 

 

Viele Straßenkinder haben schlimme Erfahrungen gemacht und sind deswegen sehr misstrauisch. ©ich.tv/Patricio Crooker

Das Leben auf der Straße ist sehr gefährlich. Viele Straßenkinder haben das schon am eigenen Leib erfahren. Sie sind ständig brutaler Gewalt und Entbehrungen ausgesetzt. Viele Kinder und Jugendliche auf der Straße tragen Narben auf ihrer Haut, die von gewaltsamen Auseinandersetzungen erzählen. Manche wurden auch von Freiern misshandelt. Diese Erfahrungen führen dazu, dass die Jugendlichen misstrauisch gegenüber ihren Mitmenschen sind. Konflikte wollen sie oft handgreiflich austragen. Das harte Auftreten ist aber meistens ein Schutzmechanismus. Wie alle Kinder und Jugendlichen sind auch Straßenkinder sehr verletzlich.

 

Straßenkindern muss langfristig geholfen werden - Bildung ist dabei ein guter Weg. ©Florian Kopp

Hunger zu leiden ist nicht das größte Problem von Straßenkindern. Sie ernähren sich von Essensresten im Müll oder betteln Restaurantbesitzer um Essen an. Oft können sie sich auch mit ihrem selbstverdienten Geld Essen kaufen. In den Don Bosco Zentren erhalten Straßenkinder auch eine warme Mahlzeit. Doch das alleine genügt nicht, um Kinder und Jugendlichenvon der Straße zu holen. Sie brauchen Liebe, Zuwendung und Anerkennung. Und sie sollten Zugang zu Bildung bekommen, damit sie bessere Zukunftschancen erhalten. Nur durch ganzheitliche Unterstützung und pädagogische Angebote können sie ihr Leben ändern.

 

 

 

Noch Fragen?

Die meisten Straßenkinder kommen aus zerrütteten Familien. Sie fliehen vor Armut und Gewalt und leben deswegen auf der Straße. Viele Kinder laufen aber auch Gefahr, auf der Straße zu landen. Deswegen sind Straßenkinder für uns auch Kinder und Jugendliche, die öfter auf der Straße Zuflucht suchen oder auf der Straße arbeiten müssen, um zum Lebensunterhalt ihrer Familien einen Beitrag zu leisten. Auch Kinder, denen es an den wichtigsten Dingen wie Liebe, Geborgenheit, Essen und Schulbildung mangelt, laufen Gefahr, ganz auf der Straße zu landen. Dazu gehören zum Beispiel Schulschwänzer, missbrauchte Kinder oder Kindersklaven.

Weil Vorbeugen besser als Heilen ist, tun wir alles, was verhindert, dass junge Menschen auf der Straße landen. Unsere Aktivitäten sollen soziale Ungleichheiten überwinden und jungen Menschen neue Möglichkeiten eröffnen. Wir tun dies, indem wir benachteiligte Kinder und Jugendliche in Risikosituationen begleiten und ihnen Zugang zu Bildung und Ausbildung bieten. Dabei möchten wir jungen Menschen nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Werte.

Auf der ganzen Welt betreiben wir sogenannte Straßenkinder-Zentren, also Einrichtungen, in denen Straßenkinder Hilfe bekommen können. Der Besuch oder der Verbleib in den Straßenkinder-Zentren ist immer freiwillig. Für manche Kinder wird das Zentrum ein neues Zuhause, manche kommen nur ab und an zum Spielen vorbei oder um sich ein paar Stunden auszuruhen oder etwas zu essen.

Die Erstversorgung bspw. mit Kleidung und Essen ist notwendig, denn niederschwellige Angebote ermöglichen es uns, Kontakt zu Straßenkindern aufzubauen. Darüber hinaus ist uns langfristige, nachhaltige Hilfe ein besonderes Anliegen. Durch unsere Straßenkinder-Einrichtungen gelingt es,

  • Kontakt zu Straßenkindern aufzunehmen und sie erstzuversorgen,
  • Straßenkindern ein Zuhause zu bieten mit Menschen, die sich um sie kümmern,
  • Kindern und Jugendlichen durch Bildung und Qualifikation neues Selbstvertrauen zu schenken,
  • Kinder und Jugendliche zu befähigen, ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen und positiv in die Zukunft zu blicken.

Damit Straßenkinder von unseren Hilfsangeboten erfahren, suchen Streetworker die Straßenkinder direkt in ihrem Lebensumfeld auf, also auf der Straße. Sie sprechen sie an und versuchen, Kontakt aufzunehmen. So kann langsam und behutsam Vertrauen aufgebaut werden. Wenn das gelingt, bieten sie den Kindern Freizeit-, Lern- oder Gesundheitsangebote an. 

Für ein Leben jenseits der Straße